Projekt zur Stärkung des Mittelstreckenlaufs
Den Hintergrund der Tests konnte der Schwenninger Leichtathlet Tim Rodinger nicht genau benennen: „Irgendwas mit Laktatwerten“, sagte er im Pressegespräch. Tatsächlich ging es bei den Tests auch um die Laktatwerte im Blut der Sportler. „Diese wurden aber nur interessehalber gemessen“, sagte Maximiliane Thron vom KIT, die die Studie durchführte. Die Tests sind zum einen für einen wissenschaftlichen Artikel und die Doktorarbeit von Maximiliane Thron, zum anderen wurden sie auf Bitte des Landestrainers Lauf Christoph Thürkow der Leichtathletik Baden-Württemberg (BWLA) hin gemacht.
Die Messungen konzentrierten sich am ersten Tag auf die Geschwindigkeit. Wie schnell können die Sportler laufen? So wird die maximale Sprintfähigkeit der Läufer erfasst. Die 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammen alle aus der Leichtathletik und den Disziplinen Langsprint und Mittelstrecke. Sie wurden anhand ihrer Leistungen ausgewählt. Die maximale Sauerstoffannahme stand beim zweiten Test-Termin im Fokus. Diese ist ein Indikator für die Ausdauerleistungsfähigkeit. Außerdem werde überprüft, wie belastet die Teilnehmenden nach einer High-Intensity-Intervall-Trainingseinheit sind.
„Letztendlich ist das Ziel der Studie zu überprüfen, welchen Einfluss die zuvor erstellten Athletenprofile auf die individuelle Belastung nach einer High-Intensity-Intervall-Trainingseinheit haben“, so Maximiliane Throne. Dadurch erhoffe man sich Ableitungen über individuelle Erholungszeiten und Empfehlungen für das Training.
Der Kontakt der Leichtathletik Baden-Württemberg zu Maximiliane Thron vom KIT besteht schon seit dem vergangenen Jahr, damals wurden auch schon Sportler-Profile anhand von Tests erstellt. Danach habe sich der Kontakt vertieft, so Landestrainer Christoph Thürkow. Auch er sagt, dass die Tests etwas komplex waren, so dass einige Sportler nicht genau erfassen konnten, um was es ging. Das werde sich aber ändern, wenn sie die Ergebnisse vorliegen haben.
„Wir erhoffen uns von den Tests von den im Laufsport typischen Schwellenkonzepten wegzukommen und der Sauerstoffaufnahme (VO2max) mehr Beachtung zu schenken“, so Christoph Thürkow. Auch international werde eigentlich viel mehr mit der VO2max gearbeitet. Die VO2max gibt an, welches Volumen (V) an Sauerstoff (O2) unter Belastung vom Körper maximal (max) aufgenommen und in die Zellen transportiert werden kann. „Hinzu kommt die Fähigkeit der Laktat-Toleranz. Sie ist wichtig für Leistungen über 400 und 800 Meter. Diese beiden Parameter müssen wir in Deutschland erforschen, und es muss uns gelingen, den Transfer von der Wissenschaft in die Praxis zu verbessern. Daher dieses Projekt mit dem KIT“, erklärt Christoph Thürkow. Laktat-Messungen gebe es seit den 60er-Jahren, das sei nichts Neues.
Bei Laktat handelt es sich um das Salz der Milchsäure, welche der Körper produziert. Sie ist ein Zwischenprodukt des Stoffwechsels, wird vom Körper produziert, ob man Sport macht, oder auf dem Sofa sitzt. Treibt man Sport, benötigt der Körper mehr Energie und verbrennt unter Einbezug des eingeatmeten Sauerstoffs Kohlenhydrate, das nennt man aerober Stoffwechsel. Je intensiver das Training, desto mehr Sauerstoff benötigt der Körper. Reicht die Versorgung nicht mehr aus, um den Energiebedarf der Muskeln zu decken, verwandelt der Körper Glukose in Milchsäure, er schaltet also um in den anaeroben Stoffwechsel.
Als Nebenprodukt entsteht Laktat, das Salz der Milchsäure. Sobald der Körper das Laktat nicht mehr abbauen kann, kommt es zur Übersäuerung der Muskeln, und die Power lässt nach. Optimalerweise sind Laktatbildung und Abbau in Balance. Beim Laktattest wird vor der Belastung Blut abgenommen und der Laktatwert im Ruhemodus ermittelt. Anschließend werden Herzfrequenz und Blut bei weiteren Runden während Ausdauereinheiten getestet, bis der Sportler an seine Belastungsgrenze stößt. So kann man eine Leistungskurve abzeichnen. Je höher die Laktatwerte im Blut, desto mehr ist ein Athlet ein Sprinter-Typ.
Die Sauerstoffmessungen seien von den Geräten her aufwendiger als die Tests mit Blutmessungen, erläutert Christoph Thürkow. Die Fähigkeit eines Sportlers, große Mengen Sauerstoff ins Blut aufzunehmen, zu transportieren und zu verarbeiten, ist entscheidend für die Ausdauerleistung. Neben der Fitness haben auch andere Faktoren einen Einfluss auf die Sauerstoffaufnahme: Geschlecht, Alter und genetische Veranlagung. Die Sauerstoffaufnahme und der Wert sind wichtig, um sportliche Talente zu entdecken: „Wen kann man fördern?“
Die Erkenntnisse bringen nicht nur die Sportler, sondern auch den Verband voran. Aus allen Werten wird schließlich ein umfangreiches Sportler-Profil erstellt. Wie wichtig die Ergebnisse seien, das sehe man bei der WM: „Da müssen die Sportler ein umfangreiches Anforderungsprofil mitbringen“, so Christoph Thürkow. Neben Talent gehöre auch Training dazu, und das regelmäßig über viele Jahre hinweg – die Werte aus den Tests sollen dieses noch gezielter machen.