EM Rom | Vorbericht: Römische Geschichten
Rom, „die ewige Stadt“, wo vom 7. bis 12. Juni die 26. Europameisterschaften stattfinden, hat bereits große Leichtathletik-Ereignisse erlebt.
Rom 1960: die Spiele des Armin Hary
1960 sah Rom nachhaltige und großartige Olympische Spiele zwischen antiken Städten und Moderne. Es waren die Spiele der „schwarzen Sprint-Gazelle“ Wilma Rudolph und des äthiopischen Marathonläufers Bikila Abebe, der barfuß zum Olympiasieg rannte. Welch ein Anachronismus im Vergleich zur heutigen Zeit, wo die Athleten allein mit Carbonschuhen drei bis vier Minuten schneller sind.
„Rom waren meine Spiele“, konstatierte Armin Hary, erster deutscher Olympiasieger in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele über 100 Meter, der seine zweite Goldmedaille mit der 4x100 Meter-Staffel gewann. Es war der vorläufig letzte Start einer gesamtdeutschen Mannschaft bei den Spielen. Danach teilte sich die deutsche Leichtathletik in Ost und West.
Honz 400 Meter-Europameister
Nach sehr guten Medaillenausbeuten der westdeutschen Leichtathleten 1966 bei den Europameisterschaften in Budapest (21 Medaillen) und 1971 Helsinki (17 Medaillen), folgte im Olympiastadion in Rom mit 12 Medaillen eine eher enttäuschende Bilanz. An der Spitze thronte die DDR mit 27 Medaillen bei zehnmal Gold. Allein der Stuttgarter Karl Honz konnte über 400 Meter in 45,04 Sekunden einen Titel für den DLV holen.
Keine TV-Bilder wegen Bandenwerbung
Der spätere Weltrekordler Guido Kratschmer überraschte als Junior mit einer Bronzemedaille im Zehnkampf. „Es gab damals leider keine TV-Bilder aus Rom“, erinnert sich Kratschmer noch heute enttäuscht über die fehlende mediale Umsetzung der EM. Der Hintergrund: wegen der aufkommenden Bandenwerbung („Schleichwerbung“) an der Bahn zog die ARD die geplanten Übertragungen aus Rom zurück.
Ben Johnsons Weltrekord-Betrug
Die WM 1987 im „Stadio Olympico“ brachte großen Sport und große Turbulenzen. Für die westdeutschen Leichtathleten gab es eine magere Ausbeute von drei Medaillen. Die DDR stand mit 31 Medaillen wieder ganz oben. Fast jede Siegerleistung von Rom fiel höher aus als die vier Jahre zuvor in Helsinki. Es war längst die Zeit der beschleunigten Leistungen. Ben Johnsons 100 Meter-Weltrekord von 9,83 Sek. löste sich später in Chemie auf, der Kanadier wurde wegen Steroid-Dopings aus der Leichtathletik verbannt.
Der Chemnitzer Thomas Schönlebe wurde überraschend 400 Meter-Weltmeister, Siggi Wentz Vize-Weltmeister im Zehnkampf mit 8.461 Punkten hinter dem Schweriner Thorsten Voss (8.680 Punkte). Speerwerferin Beate Peters holte mit 68,82 Metern Bronze, genauso wie Harald Schmid über 400 Meter Hürden. In einem historischen Zieleinlauf („Kampf der Titanen“) blieb der fünffache Europameister als Dritter in 47,48 Sek. nur zwei Hunderstel hinter der Legende Edwin Moses (47,46 Sek.) und Danny Harris (47,48).
Das Olympiastadion war zu dieser Zeit noch ohne Dach. Aus dem blauen Himmel des italienischen Sommers prasselte beim 400 Meter-Lauf der Zehnkämpfer ein heftiger Platzregen hernieder. Die Zehnkämpfer stapften im knöcheltiefen Wasser die Zielgerade hinunter. Die Kommentatoren auf der Tribüne sahen unter Plastikplanen zugedeckt nur auf den Bildschirmen, was sie unten nicht sahen. 1990 bekam das Olympiastadion zur Fußball-WM dann das Dach.
Mess-Betrug beim Weitsprung
Erst Monate nach der WM wurde ein unglaublicher Betrug beim Weitsprung der Männer aufgedeckt. Nach dem letzten Sprung des Italieners Giovanni Evangelisti tauchte auf der Anzeigetafel die Weite „8,38 Meter“ auf. Dies brachte ihm Bronze. Messfehler oder Betrug? Der deutsche Sportwissenschaftler Helmar Hommel konnte später mit biomechanischen Auswertungen beweisen, dass der Sprung nur 7,80 Meter weit war. Nicht wenige waren überzeugt, dass da der gewiefte IAAF-Präsident Primo Nebiolo seine Finger im Spiel hatte. Römische Geschichten eben.